- 27.02.2020 -
Die Verfahrenskostenhilfe deckt den eigenen Gerichtskostenanteil und die Kosten des eigenen Anwalts ab. Ich rechne meine Gebühren dann nicht mit Ihnen, sondern direkt mit der Justizkasse ab. Zu den Gerichtskosten zählen dabei auch etwaige Gutachterkosten (sinnvoll falls weitere Folgesachen wie der Zugewinnausgleich beim Gericht geltend gemacht werden).
Verfahrenskostenhilfe ist zinsfrei.
Der Gerichtskostenvorschuss, der ansonsten vom Antragsteller zu Beginn des Verfahrens zu zahlen wäre, fällt weg.
Verfahrenskostenhilfe kommt auch in Betracht, wenn Sie im Ausland wohnen.
Verringert sich das Einkommen, erhöhen sich die Ausgaben oder kommen weitere Unterhaltspflichten dazu, können sich die zu zahlenden Raten verringern oder ganz wegfallen. Die Höhe der Raten hängt nur von den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ab.
Es sind höchstens 48 Raten zu zahlen, auch wenn die normalen Scheidungskosten damit nicht gedeckt sind. D.h. unter Umständen - je nach Ratenhöhe - sparen Sie Scheidungskosten durch einen VKH-Antrag.
Sind die VKH-Raten hoch genug festgesetzt, dass das Gericht damit in den vier Jahren die vollen Scheidungskosten einziehen kann, so zahlen Sie zwar letztlich die gleichen Scheidungskosten wie jemand, der sich ohne VKH scheiden lässt. Sie haben dann aber als "Scheidungskostenhilfe" eine zinsfreie Ratenzahlung erhalten.
Beispiele:
a) Die vollen Scheidungskosten liegen aufgrund des Einkommens beider Eheleute nach Abzug der Hälfte der Gerichtskosten (die der Antragsgegner zu tragen hat) bei 900,-- Euro. Es wurde für den Antragsteller eine monatliche VKH-Rate von 10,--
Euro festgesetzt. Er zahlte 48 Monatsraten, also insgesamt 480,-- Euro. Es fehlen noch 420,-- Euro bis zu den vollen Scheidungskosten von 900,-- Euro. Da aber bereits 48 Monatsraten gezahlt sind, fallen keine weiteren Raten mehr an. Durch die VKH wurden
in diesem Fall 420,-- Euro Scheidungskosten gespart.
b) Die vollen Scheidungskosten liegen bei 900,-- Euro. Der Antragsteller hatte zunächst kein Einkommen, so dass keine VKH-Raten festgesetzt wurden. Nach drei Monaten arbeitet er wieder Vollzeit.
Es wird eine monatliche VKH-Rate von 50,-- Euro festgesetzt. Er zahlt 18 Monatsraten und damit ingesamt die vollen Scheidungskosten von 900,-- Euro.
Das VKH-Bewilligungsverfahren ist dem eigentlichen Scheidungsverfahren vorgeschaltet. Der Scheidungsantrag wird erst der Gegenseite zugestellt, wenn Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde. Das Bewilligungsverfahren dauert bei Scheidungen recht lange (ca. drei Monate, je nach Gericht manchmal auch länger) und Sie werden deshalb bei einem VKH-Antrag erst später geschieden.
Außerdem fällt bei einem VKH-Antrag für Sie viel "Papierkram" an. Verfahrenskostenhilfe ist eine staatliche Sozialleistung. Sie müssen daher in einer "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" dem Gericht Ihre finanzielle Lage komplett offenlegen und die entsprechenden Belege zusammenstellen, kopieren und durchnummerieren. Wird das Formular oder werden Belege trotz Anforderung des Gerichts nicht eingereicht, kann das Gericht VKH ablehnen. Bei falschen Angaben können Sie sich strafbar machen.
Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Verfahrenskostenhilfe
Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe bezieht sich automatisch auch auf die Folgesache Versorgungsausgleich. Für jede weitere Folgesache wie Zugewinnausgleich oder Unterhalt muss jedoch gesondert VKH beantragt werden. Das Gleiche gilt für ein Beschwerdeverfahren beim Oberlandesgericht.
Das Gericht kann innerhalb von vier Jahren nach Rechtskraft der Scheidungsverfahren noch Ihre persönliche und wirtschaftlichen Verhältnisse überprüfen und nachträglich noch Raten anordnen oder die zu zahlende Rate erhöhen. Erst nach Ablauf der vier Jahre kann wissen Sie, wieviel die Scheidung gekostet hat. Vorher wissen Sie nur, wieviel Sie die Scheidung maximal kosten kann.
Sie haben Mitwirkungspflichten. Nicht nur vor der Bewilligung, sondern auch noch nach Verfahrensende. Wurde Ihr VKH-Antrag 2014 oder später gestellt, sind Sie sind verpflichtet noch innerhalb von vier Jahren nach Rechtskraft des Scheidungsverfahrens Verbesserungen Ihrer Verhältnisse und Adressänderungen unaufgefordert dem Gericht mitzuteilen. Versäumen Sie das oder haben Sie falsche Angaben gemacht, kann das Gericht die Verfahrenskostenhilfe wieder aufheben. Sie müssen dann die Zahlungen, die Justizkasse bereits im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe erbracht hat, erstatten und auch die restlichen noch offenen Scheidungskosten zahlen.
Die VKH bezieht sich nur auf die Gerichtskosten und die eigenen Anwaltskosten. Ist auch der Antragsgegner anwaltlich vertreten und legt das Gericht dem Antragsteller bei einer Abweisung oder Rücknahme des Scheidungsantrages die Kosten des Scheidungsverfahrens auf, so bezieht sich die VKH nicht auf die Kosten des gegnerischen Anwalts. Bei einer Scheidung, bei der Gegner anwaltlich nicht vertreten ist, wird das allerdings nicht relevant.
Das Gericht darf Ihre "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" und die Belege nach § 117 Abs. 2 ZPO auch ohne Ihre Zustimmung Ihrem Noch-Ehegatten übermitteln, da Ehegatten bei Getrenntleben gegenseitig einen Auskunftsanspruch hinsichtlich Einkommen und Vermögen haben. Laut einem Beschluss des OLG Koblenz vom 04.11.2010 (Az: 7 WF 872/10) auch dann, wenn es in dem Verfahren nicht um unterhaltsrechtliche Fragen geht wie bei einer Ehescheidung.
VKH wird vom Gericht nicht rückwirkend bewilligt, sondern erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der VKH-Antrag gestellt wurde. Wird ein VKH-Antrag erst während eines bereits laufenden Scheidungsverfahrens eingereicht, umfasst die VKH-Bewilligung nicht die bis dahin bereits entstandenen Anwalts- und Gerichtsgebühren.
Bei der Verfahrenskostenhilfe wird auch das Vermögen berücksichtigt. Wenn außer dem Schonvermögen weiteres Vermögen vorhanden ist, kann das Gericht verlangen, dass dieses für die Verfahrenskosten eingesetzt wird. VKH wird dann nur anteilig bewilligt.